Zum ersten Mal seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine wollen sich heute die Präsidenten von Russland und China, Putin und Xi, treffen. Beide nehmen am Gipfel der Shanghai Cooperation Organization teil, der Moskau eine große Chance bietet. Von Martha Wilczynski, ARD Studio Moskau

Medien im Gastland Usbekistan sprechen bereits von „bahnbrechenden Initiativen und Vorschlägen“, die der Präsident Usbekistans, Savkat Mirziyoyev, vorlegen soll. Logo WDR Martha Wilczynski ARD-Studio Moskau In einer zuvor veröffentlichten Erklärung sagte er, er sei zuversichtlich, dass die Shanghai Cooperation Organization auf dem Samarkand-Gipfel „die Geburt einer neuen Phase“ erleben werde. Und der russische Asien-Experte Kirill Babayev spricht davon, “eine neue Weltordnung im eurasischen Raum zu gestalten”. Wenn hier ein Modell dieser Weltordnung entsteht, möglicherweise zunächst zwischen Russland und China, den Ländern Zentralasiens und Mitgliedern aus Südasien, dann ist es sehr wahrscheinlich, dass auch dieses Modell der gleichberechtigten Zusammenarbeit im wirtschaftlichen, sicherheitspolitischen und humanitären Bereich entstehen wird später kann es auf andere Kontinente ausgedehnt werden.

Die Organisation muss expandieren

Zunächst aber soll die vor 21 Jahren gegründete Organisation, die sich damit brüstet, dass ihre acht Mitgliedsstaaten mehr als 40 Prozent der Weltbevölkerung repräsentieren, expandieren. Der Iran, der zuvor Beobachterstatus hatte, soll ein Abkommen über die Vollmitgliedschaft unterzeichnen. Ägypten, Katar und Saudi-Arabien sollen Dialogpartner werden. Außerdem verhandelt sie über eine engere Zusammenarbeit mit Bahrain und den Malediven.

Gipfeltreffen zwischen dem chinesischen Staatschef Xi Jinping und Präsident Putin in Usbekistan

Tamara Anthony, ARD Peking, Morgenmagazin, 15.9.2022

Für Gründungsmitglied Russland ist der Gipfel in Samarkand vor allem eine Gelegenheit, bestehende Partnerschaften – vor allem mit China – zu vertiefen. Das erwartete persönliche Treffen zwischen Wladimir Putin und Präsident Xi Jinping wird das erste seit Beginn der russischen Invasion in der Ukraine sein.

„Westlicher Druck hat maßgeblich zur Annäherung an China beigetragen“

„China ist jetzt unser guter Freund, ein strategischer Partner“, erklärt der Moskauer Sinologe Alexander Lukin. Unsere westlichen Partner, man könnte sie sogar als Rivalen bezeichnen, üben sowohl auf Russland als auch auf China erheblichen Druck aus. Und dafür danken wir ihnen aufrichtig – weil es die Annäherung Russlands an China erheblich unterstützt hat.

In den nächsten zwei Tagen wird Putin aber nicht nur zeigen können, dass er international alles andere als isoliert ist. Am Rande des Gipfels wird sich auch die Bereitschaft Moskaus zeigen, an Lösungen für Probleme im Zusammenhang mit den Kämpfen in der Ukraine zu arbeiten.

Daraufhin kündigte der Kreml vergangene Woche bilaterale Gespräche mit dem türkischen Präsidenten Erdogan an. Er hatte den Deal über Getreideexporte aus den Schwarzmeerhäfen der Ukraine vermittelt. Kreml-Sprecher Peskow sagte: Wir sehen, dass die Getreideabkommen von Istanbul umgesetzt werden. Wir sehen jedoch, dass diese Anwendung armen Ländern nicht zugute kommt. Das muss unbedingt besprochen werden.

14 Staats- und Regierungschefs treffen sich

Insgesamt 14 Staats- und Regierungschefs sowie zahlreiche Vertreter internationaler Organisationen werden beim Gipfel in Samarkand, Usbekistan, zusammenkommen. Der armenische Ministerpräsident Nikol Paschinjan sagte seine Teilnahme gestern kurzfristig ab – mit Hinweis auf die anhaltend angespannte Lage in der Grenzregion zu Aserbaidschan. Dort kam es in der Nacht zum Dienstag zu heftigen Kämpfen.

Russland stärkt seinen „Freundeskreis“ beim Gipfeltreffen der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit in Usbekistan

Martha Wilczynski, ARD Moskau, 15. September 2022 4:00 Uhr