Demnach wäre der Volkspartei vor der zentral gesteuerten Durchsetzung lokaler Gruppen von Junglandwirten klar gewesen, dass die Junglandwirte als Parteiorganisation zu betrachten seien. Auf Nachfrage sagte die Partei, „dass dies kein Gutachten ist, sondern ein vorbereitendes Dokument für ein Treffen“. Mehr kann man dazu derzeit nicht sagen.
Der Mangel an unabhängigen Vereinen ist ein Problem
Für die ÖVP analysierte der Linzer Jurist die Struktur des Bauernverbandes sowie vereinsrechtliche, datenschutz- und haftungsrechtliche Fragen. Der Bauernverband ist dem Schreiben zufolge ein Konstrukt aus mehreren Verbänden: Auf Bundesebene gibt es einen Bauernverband, dessen Mitglieder ausschließlich Landesverbände sind. Die eigentliche Mitgliedschaft besteht nur im jeweiligen Landesbauernverband. Und: Mit dem Eintritt in eine Unterorganisation wird man automatisch Mitglied der ÖVP, „in der Regel eine Landespartei“. Anders sieht es bei den Junglandwirten aus: Auf Bundesebene gibt es einen Verein namens „Österreichischer Jungbauernbund“, aber die Landesverbände sind keine eigenständigen Vereine, mit Ausnahme von Tirol und Vorarlberg. In dem Pamphlet rät Fürlinger dringend zur Gründung von Trägervereinen für Landesverbände, „um den Status der Mitglieder in allen Bereichen zu klären“. Darüber hinaus haften derzeit Personen, die für Landesverbände tätig sind, unmittelbar, da Verbände keine Rechtspersönlichkeit haben.
Der Widerspruch wird bestätigt
Für die Opposition bestätigt dieses Dokument, was sie seit Bekanntwerden der 816.000-Euro-Zahlungen aus dem NPO-Fonds an Tirols Junglandwirte geglaubt hat: ÖVP und Bauernverband hätten gewusst, dass die Junglandwirte keinen wirklichen Anspruch auf die Förderung hätten. und hätte trotzdem eingereicht. „Offensichtlich verkommt die ÖVP immer mehr zu einer Partei von Staatsleugnern, die glauben, über dem Gesetz zu stehen“, sagt Hafenecker. Jan Krainer (SPÖ) findet es „beängstigend, dass die ÖVP-Spitze genau wusste, dass dies für die Jungbauern der ÖVP einfach nicht möglich ist“ und reichte es trotzdem ein. ÖVP-Abgeordneter Andreas Hanger spricht derweil von einem “Angriff auf das Ehrenamt” des SPÖ-Abgeordneten und hebt die U-Ausschusszentrale in Wien hervor. „Ehrenamtliche Organisationen wie die Landjugend Tirol leisten täglich wichtige Arbeit für die Gesellschaft. Das reicht von Festen kleiner Ortsgruppen über gemeinsame Wanderungen bis hin zu einem umfangreichen Bildungsprogramm“, schreibt der ÖVP-Presseclub in einer Pressemitteilung. „Ehrenamt bedeutet nicht, dass man ohne Bezahlung für die ÖVP arbeitet“, antwortet Hafenecker.
Bewerbungen nur nach interner Dokumentation
Fakt ist: Die ÖVP bestreitet die Echtheit des Dokuments nicht, sondern spricht von einem “Vorbereitungsdokument für ein Treffen”. Mit Datum vom 08.07.2020 wurde es auch vor den Förderanträgen der Ortsgruppen der Junglandwirte erstellt. Die Bewerbungen beim Unterausschuss beginnen laut SPÖ am 28. Juli 2020 und enden im September 2020. Es gab zentrale Aufrufe der Junglandwirte an Ortsgruppen, sich für den NPO-Fonds zu bewerben. Zusätzlich wurde eine Steuerberatungskanzlei beauftragt, alle Teams vor Ort bei der Umsetzung zu unterstützen. Die Kosten eines Steuerexperten für die Bearbeitung werden vom NPO-Fonds übernommen, ab einem Förderantrag von 6.000 Euro ist eine Prüfung durch einen Steuerexperten sogar Pflicht. Ob die ÖVP neben der Einschätzung Fürlingers auch Rechtsgutachten erhalten hatte, ist derzeit nicht bekannt.