Der Sinn hinter dieser Regel: Durch die Festsetzung von Zwangspreisen soll das Kulturgut Buch vor einem „Verkauf“ geschützt und die Vielfalt der Buchbranche bewahrt werden. Ohne diese Verbindung, Argument und Sorge vieler Einzelhändler, könnten Handelsketten, die es sich leisten können, große Mengen an Büchern billiger beschaffen als ihre Lieferanten und sie viel billiger anbieten, als sie es je könnten.
Verdoppelung des potenziellen Rabatts
Der Plan ähnelt weitgehend dem Vorgängergesetz aus dem Jahr 2000. Dieses wurde zuletzt 2014 geändert. Der Entwurf sei gelungen, sagt Helmut Zechner im Gespräch mit ORF.at. Der Vorsitzende des Buchhändlerverbandes und Geschäftsführer der Buchhandlung Heyn in Klagenfurt freut sich besonders über die Neudefinition des Mindestpreises. Dieser soll nicht wie bisher als Nettopreis ausgewiesen werden, sondern als Bruttopreis. Für den Buchhandel würden diese kleinen Änderungen vieles im Alltag vereinfachen. Getty Images/iStockphoto/Seventyfour Buchhändler können Bibliotheken bis zu zehn Prozent Rabatt auf den Buchpreis anbieten Doch eine Passage im Entwurf könnte laut Zechner die Existenz vieler Buchhändler bedrohen. Bislang konnte die Branche öffentlichen und Schulbibliotheken einen Rabatt von maximal zehn Prozent gewähren. Händler sollen künftig maximal 20 Prozent Rabatt gewähren können. „Die Verdoppelung des Rabatts ist eine ernsthafte Bedrohung für uns alle“, sagt der Unternehmer und Anwalt. „Zehn Prozent sind für Buchhändler schon extrem knapp, das reicht fast. 20 Prozent wären nicht machbar.” Zechner argumentiert, dass der Service von Agenten für Bibliotheken um ein Vielfaches größer sei als die tägliche Arbeit einer Buchhandlung. Neben dem Rechercheaufwand spielen Beratung, Logistik (z. B. Nach- und Nachlieferungen) und Kommunikation bei der Bibliotheksbestellung eine wichtige Rolle. Dieses Geschäft sei „extrem wichtig für Buchhandlungen, um Kernumsätze zu erzielen“. Aber bei 20 Prozent Rabatt würde sich der Aufwand finanziell nicht mehr lohnen.
Kann Vorsorge zum Status quo werden?
Der Rabatt ist eine optionale Bestimmung, sodass ein Händler die 20 Prozent Rabatt nicht anbieten muss. Laut Buchhändler Zechner werden aber irgendwann Marktmechanismen greifen. “Es wird immer einen Händler geben, der ein Produkt günstiger anbietet.” Das sind in erster Linie Unternehmen mit dem richtigen Logistik-Know-how, die ihre Kosten und Preise senken können, ohne große Verluste befürchten zu müssen. „De facto ist auch die bisherige Bestimmung eine Kannbestimmung. 10 % werden immer gewährt“, sagt Zechner. Getty Images/Kinga Krzeminska Seit der Novelle 2014 gilt auch für E-Books ausdrücklich die Buchpreisbindung Vor allem “Landhausierer”, wie einige Kommentatoren es formulierten, fühlen sich beleidigt. Sie erwähnen die ständige Preiserhöhung, die sich negativ auf den Umsatz auswirkt, weil Ihre Kunden kaum noch Bücher kaufen. Ein größerer Rabatt wäre nicht nur für den Buchhandel ein „absolutes Desaster“, sondern könne sich auch negativ auf die Bibliotheken auswirken: Nimmt der Buchhändler keine Bestellungen mehr an, würde die Schulbibliothek ihren direkten Ansprechpartner verlieren. Selbst die Arbeiterkammer (AK) steht dem Plan skeptisch gegenüber. Der erhöhte Rabatt für Bibliotheken könnte laut Stellungnahme der Arbeitnehmervertreter für „einige Buchhandlungen schwer zu leisten“ sein. Ein höherer Rabatt käme großen Playern mit Marktmacht zugute und könnte dann die Verhandlungsmacht der Bibliotheken verringern. Aus Sicht der Arbeiterkammer darf der Buchhandel nicht „kannibalisiert“ werden, es gibt viele Arbeits- und Ausbildungsmöglichkeiten in der Branche.
Ministerium: Entwurf auf „Praxistauglichkeit“ prüfen.
Das Ministerium für Kunst und Kultur behauptete gegenüber ORF.at, dass die Rabattmöglichkeit von bis zu 20 % mit dem Ziel verbunden sei, „Zugänglichkeit, Verbreitung und Bekanntheit von Büchern“ insbesondere in Bibliotheken und Schulbibliotheken mit geringen Budgets zu erhöhen. Der Nachlass soll sich wiederum positiv auf die „allgemeine Nachfrage nach Büchern“ auswirken. Zudem sei der Vorschlag des Ministeriums von Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) „von der Idee getragen“, dass jeder Euro, den Bibliotheken bei der Anschaffung von Büchern einsparen, in die Anschaffung neuer Bücher fließen solle. Dadurch würden einerseits die Folgen für den Buchhandel „überschaubar“ bleiben, andererseits würde die Ausstattung der Bibliotheken verbessert. Der Entwurf geht jedoch nicht auf eine solche Abnahmepflicht ein. Getty Images/iStockphoto/bitterfly In Deutschland liegt der mögliche Rabatt für Bibliotheken zwischen fünf und zehn Prozent Zweck der Evaluation ist die „Überprüfung der Praktikabilität des geplanten Gesetzestextes“. Dem Ministerium sei nun bewusst, dass die Erhöhung des möglichen Rabatts „sicherlich zu den Punkten gehört, die auf Basis der Stellungnahmen noch intensiver geprüft und diskutiert werden müssen“. Mit Vertretern der Buchbranche wurden bereits Lösungsansätze diskutiert, die nach der Evaluation mit dem Koalitionspartner abgestimmt werden.
Viel Zustimmung, fast keine Kritik
Für die Buchbranche ist jedenfalls klar, dass jeder Rabattpunkt abzulehnen ist. Dem Ministerium wurden Rechenbeispiele vorgelegt, um die negativen finanziellen Folgen zu dokumentieren: Würde der Rabatt auf 20 Prozent erhöht und das Bibliotheksbudget für den Buchkauf gleich bleiben, würde der Buchhandel fast 40 Prozent seines Deckungsbeitrags verlieren, so die Interessanten Gruppe. „Die Überlegung, den Bibliotheksrabatt auf 20 Prozent zu erhöhen, ist günstig, widerspricht aber dem Zweck der Buchpreisbindung, die Vielfalt im Buchverkauf zu erhöhen“, sagt Zechner. Außerdem muss das Budget für Bibliotheken erhöht werden, um den Wegfall der Händlerumsätze teilweise zu kompensieren. Aus seiner Sicht ist das Szenario jedoch „extrem unwahrscheinlich“, und die Frage ist, wie man Bibliotheken dazu bringt, mehr zu kaufen. Übrigens: In Deutschland, wo später das Buchpreisbindungsgesetz verabschiedet wurde, liegt der mögliche Bibliotheksrabatt derzeit zwischen fünf und zehn Prozent. 2018 urteilte das Bundeskartellamt, die Buchpreisbindung sei ein „schwerwiegender Markteingriff“ und empfahl deren Abschaffung. Hierzulande nahm die deutsche Ausstellung NEOS teil. Die Oppositionspartei wollte unter anderem die österreichische Buchpreisbindung evaluieren. ÖVP, SPÖ, FPÖ und NOW unterstützten das Gesetz 2018 und stimmten gegen den Vorschlag.