Die Bundesregierung entzieht Rosneft die PCK-Raffinerie und vertraut dem Schwedter Unternehmen. Das will das russische Team nicht hinnehmen.

Bundeskanzler Olaf Solz sieht gute Perspektiven für die PCK-Raffinerie in Schwedt. Das machte der SPD-Politiker am Abend bei einer Betriebsversammlung in der Stadt Brandenburg deutlich.

Zuvor hatte die Bundesregierung angekündigt, die Mehrheitseigentümer der PCK-Raffinerie – zwei Tochterunternehmen des russischen Staatskonzerns Rosneft – unter die Vormundschaft der Bundesnetzagentur und damit unter staatliche Kontrolle zu stellen. Das will Rosneft nicht hinnehmen.

Eine Milliarde Investitionen

Scholz, Bundesfinanzminister Robert Habeck (Grüne) und Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) erläuterten das Maßnahmenpaket gestern in Berlin. Als Teil eines Zukunftspakets kündigte die Kanzlerin Investitionen in Höhe von einer Milliarde Euro an. Standort und Arbeitsplätze sind somit gesichert. Niemand in der PCK-Raffinerie muss sich Sorgen um seinen Arbeitsplatz machen.

Am Rande der Betriebsversammlung in Schwedt sagte Scholz, das Unternehmen habe eine lange Tradition, die mit vielen Geschichten verbunden sei. „Deshalb lautet die heutige Botschaft: Auch für die Zukunft wird es Zeit geben. Hier wird noch lange Öl verarbeitet“, sagte Scholz. Aber auch mit Blick auf die Entwicklung hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft werde es hier Arbeiten geben, die „dem bisher Geleisteten entsprechen. Das ist eine wichtige Botschaft.”

Auch Weidtke und Hambecks Staatssekretär Michael Kellner waren am Freitagabend in Schweden vor Ort. PCK beschäftigt rund 1200 Mitarbeiter und ist ein wirtschaftliches Standbein im Raum Schwedt. Die Raffinerie versorgt einen Großteil des Nordostens mit Kraftstoff.

Drei Raffinerien von Rosneft Deutschland werden unter Zwangsverwaltung gestellt

Sebastian Deliga/Julia Cruz, ARD Berlin, Tagesthemen 21:45 Uhr, 16.09.2022

Rosneft spricht von „Zwangsenteignung“

Hintergrund der Vormundschaft ist das am 1. Januar in Kraft getretene Ölembargo gegen Russland aufgrund des Krieges in der Ukraine. Auf EU-Ebene hat sich Deutschland verpflichtet, sich von russischem Pipelineöl fernzuhalten. Bisher wurde PCK über die Druschba-Pipeline mit russischem Öl versorgt. Alternativ soll unter anderem das aus Rostock kommende Öl in Schwedt verarbeitet werden.

Rosneft warf der Bundesregierung “Zwangsenteignung” ihrer deutschen Tochtergesellschaften vor. In einer Erklärung am Abend in Moskau sprach das Unternehmen von “illegalen” Zugriffen auf sein Vermögen und kündigte an, gegen den Schritt Berlins zum Schutz seines Vermögens rechtlich vorzugehen.

„Rosneft sieht dies als Verletzung aller Grundprinzipien der Marktwirtschaft, der zivilisierten Grundlagen einer modernen Gesellschaft, die auf dem Prinzip der Unverletzlichkeit des Privateigentums basiert“, heißt es in der Erklärung. Das Team betonte, dass es seinen Verpflichtungen jederzeit nachgekommen sei. Darüber hinaus waren weitere Investitionen und Projekte geplant. Bisherige Investitionen in Deutschland bezifferte der Konzern auf 4,6 Milliarden Euro.

Der Ostbeauftragte der Bundesregierung ist optimistisch

Gleichzeitig machte Rosneft deutlich, dass mit der Entscheidung Berlins nicht mehr „die industrielle und ökologische Sicherheit der Anlage gewährleistet“ werden könne. Der Konzern ist auch bereit, einen möglichen neuen Vertrag auszuhandeln – vorausgesetzt, es gibt eine Zahlungsgarantie für Öllieferungen, für Investitionen und für die Rechte der Arbeiter des Unternehmens.

Der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Carsten Schneider, sagte, bei Rosneft habe es auf dem Gelände keine weiteren Fortschritte gegeben. Geschäftspartner hätten sich zurückgezogen, Rosneft hingegen habe große Brachflächen nicht für andere Investoren freigegeben, sagte der SPD-Politiker dem Deutschen Verlagsnetzwerk.

Durch Beschluss der Bundesregierung sieht er nun eine Perspektive für Schweden. „Ich wage die Prognose, dass es in Schwedt in einigen Jahren deutlich mehr Arbeitsplätze geben wird als heute“, sagte er. Auf die Frage, ob er den Arbeitnehmern guten Gewissens sagen könne, dass sie eine berufliche Zukunft haben, antwortete der Ostbeauftragte: „Sicher ja!“.

Die Bundesregierung stellt Rosneft unter Vormundschaft

Björn Dake, ARD Berlin, 16.09.2022 um 09:33 Uhr