In den Bundesländern herrscht anhaltende Unzufriedenheit mit dem von der Bundesregierung geplanten Hilfspaket. Mehrere Staatschefs wollen die Zustimmung verweigern. Auch die Gewerkschaften fordern Änderungen.
Gegen das geplante dritte Hilfspaket der Ampel-Allianz regt sich im Bundesrat Widerstand. Kritisiert wird vor allem die mangelnde Abstimmung zwischen Bund und Ländern bei der Finanzierung einzelner Hilfsmaßnahmen.
„Das Hilfspaket kann in seiner jetzigen Form nicht genehmigt werden“, sagte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder der Welt am Sonntag. „Es werden zentristische und einsame Entscheidungen getroffen, die von den Ländern im Rahmen der Schuldenbremse nicht mehr finanziert werden können – während der Bund mit gigantischen Summen in Schattenhaushalten umgeht“, so Söder weiter. Noch nie wurden die Bundesländer von einer Bundesregierung so schlecht behandelt wie heute.
Anfang September legte die Ampelkoalition ein drittes Maßnahmenpaket vor, um die stark steigenden Preise zu kompensieren, dessen Reichweite die Regierung mit rund 65 Milliarden Euro bezifferte. Zu den Maßnahmen gehören beispielsweise Pauschalzahlungen für Rentner und Studenten sowie eine Preisobergrenze für den Energiegrundbedarf.
Die Koalition strebt auch einen Nachfolger des bundesweiten 9-Euro-Tickets zu Preisen zwischen 49 und 69 Euro im Monat an – wenn die Länder mitfinanzieren. Besonders der letzte Punkt ist umstritten.
Hasselof: Der Umgang ist „unverantwortlich“
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Rainer Hasselof (CDU) kritisierte den Umgang der Bundesregierung mit den Ländern und dem Bundesrat als “unverantwortlich”. Ein gesetzlich vorgeschriebenes Abstimmungsverfahren wird von Bund und Ländern gefordert. Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) fordert vom Bund Nachbesserungen: Bei der geplanten Kostenbeteiligung übernimmt sein Land knapp 300 Millionen Euro aus den drei bisherigen Hilfspaketen.
Auch die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) kündigte Widerstand gegen Pläne für ein ermäßigtes Nahverkehrsticket an. „Bundesverkehrsminister Volker Wissing kann nicht einfach an einer Ehrennadel teilnehmen und dann dreht sich alles um ihn im ÖPNV“, sagte er. „Der Nahverkehr muss nicht nur günstig, sondern auch flächendeckend verfügbar sein.“ Baden-Württemberg hatte zuvor im Bundesrat mit einem Nein zu Teilen des Pakets gedroht.
Für den 28. September ist eine Sonderkonferenz der Staatschefs mit Bundeskanzler Olaf Solz (SPD) geplant, in der sie die strittigen Punkte klären sollen.
Der DGB fordert andere Prioritäten
Neben der Kritik an der Kostenbeteiligung werden auch Forderungen nach weiteren Maßnahmen über das Paket hinaus laut. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sagte der Nachrichtenagentur dpa, dies könne nicht der letzte Schritt sein. Jetzt gehe es noch darum, Unternehmen in Not zu helfen, sagte er.
Die Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Yasmin Fahimi, forderte eine andere Fokussierung. „Die Ampelkoalition sollte sich besser auf einige, aber auf die umfangreichsten Maßnahmen einigen“, sagte er der „Welt am Sonntag“. Die Regierung sollte sich auch stärker darauf konzentrieren, was private Haushalte und Unternehmen mittelfristig brauchen, um die Krise längerfristig zu meistern.
Fahimi forderte eine Gaspreisobergrenze und kurzfristig einen zusätzlichen Einzelenergiepreis von 500 Euro pro Person, plus 100 Euro für jedes Kind. Notwendig sind zusätzliche Hilfen für Sozialhilfeempfänger und mehr Schutz für Mieter bei Zahlungsausfällen.
Die Staatsoberhäupter sind empört über die Kostenteilung für neue Hilfe
Oliver Neuroth, ARD Berlin, 17.09.2022 20:40 Uhr