Ausgangspunkt ist die bisherige jährliche Inflationsrate von 6,3 %. Traditionell gibt es auch eine Steigerung der Produktivität. Wie viel genau sie erwartet, wollte die Gewerkschaft vorab nicht verraten. In der Ö1-Morgenzeitung sagte Chefunterhändler Rainer Wimmer jedoch, eine Erhöhung der Reallöhne sei erforderlich, „alles andere ist für uns undenkbar“. Das könnte so weit gehen, eine zehnprozentige Erhöhung zu fordern, wie es die SPÖ-Rentengewerkschaft für sich selbst gefordert hatte. Das sei „ein sehr guter Anspruch“, den er „voll und ganz unterstütze“, sagte Wimmer. Auch der Gewerkschaftsbund (ÖGB) hat sich zum Ziel gesetzt, den Mindestlohn auf 2.000 Euro brutto anzuheben. Derzeit verdienen 180.000 der rund vier Millionen Beschäftigten weniger als 1.700 Euro brutto. In der Hüttenindustrie mit ihren vergleichsweise hohen Löhnen und Gehältern für rund 137.000 Beschäftigte beträgt der Mindestlohn brutto bereits 2.090 Euro.
Die Industrie will nicht alles schultern
Christian Knill von der Industrieabteilung der IHK teilte mit, dass Arbeitgeber die Inflation nicht voll schultern könnten. Das Land ist bereits erleichtert, dass es in die Verhandlungen eintreten muss. ÖVP-Arbeitsminister Martin Kocher wünschte sich am Sonntag in der “Pressestunde” des ORF Ausgewogenheit bei den Verhandlungen. Die Stabilität der Kaufkraft muss aufrechterhalten werden, während gleichzeitig die allgemeine Wirtschaftslage berücksichtigt wird und die Inflation nicht weiter angeheizt wird. Die Regierung schickte eine Reihe von Botschaften an Verhandlungsführer mit dem Anti-Inflationspaket. Kocher rief auch zur Solidarität auf, „aber natürlich auch, den Populismus beiseite zu lassen“.
Kocher zu Tarifverhandlungen
ÖVP-Arbeitsminister Martin Kocher wünscht sich ausgeglichene Tarifverhandlungen, wie er gegenüber Press Time sagte. Er rechnet mit einer höheren Note als in den Jahren zuvor, als die Verhandlungen wegen der Pandemie schnell und versöhnlich verliefen. Aber die Frage ist natürlich auch: Wie hoch darf das gehen? Aufgrund der schwierigen Zeiten sind natürlich auch Unternehmen von den enormen Preissteigerungen, insbesondere von Energie, für Energieversorger betroffen. Das heißt, wenn Preise und Löhne zu stark steigen, kommt es zu Schwierigkeiten und Unternehmen können am Markt nicht bestehen“, sagt Kocher. APA/Photonews.at/George Schneider Am Samstag rief der ÖGB zu landesweiten Demonstrationen auf
Von Van der Bellen gesponserte Demos
In Erwartung der Forderungsabtretung hatte der ÖGB am Samstag zu landesweiten Demonstrationen aufgerufen. Gefordert wurden nicht nur höhere Löhne, sondern auch Maßnahmen gegen Inflation und überhöhte Gewinnsteuern. Nach Angaben des ÖGB beteiligten sich österreichweit 32.000 Menschen an der Demonstration, nach inoffiziellen Polizeiangaben waren es 12.000. Unterstützung für die Großdemonstrationen erhielt der ÖGB von Bundespräsident Alexander Van der Bellen: Er unterstütze die Anliegen der Versammelten, twitterte er. Die grassierende Inflation und ihre Folgen setzen viele Arbeitnehmer unter großen Druck. “So wie wir als Kommune eingreifen, um die Energiepreise zu regulieren, müssen wir auch eine Sozialversicherung gegen Inflation schaffen.” Die FPÖ warf Van der Bellen in einer Sendung Heuchelei vor. Am Montag beginnen die Tarifverhandlungen im privaten Gesundheits- und Sozialversicherungsbereich mit rund 130.000 Beschäftigten. Die letzten Verhandlungen fanden 2020 statt, als die allgemeine 37-Stunden-Woche in der Branche eingeführt wurde.